Die Faszination der Weinherstellung: Ein altes Handwerk neu entdecken
Die Frage "wie macht man wein" ist nicht nur für angehende Winzer, sondern auch für Weinliebhaber von großem Interesse. Die Umwandlung von einfachen Trauben in ein komplexes, aromatisches Getränk ist ein Prozess, der Jahrhunderte von Wissen, Handwerkskunst und wissenschaftlichen Erkenntnissen vereint. Von der sorgfältigen Pflege im Weinberg bis zur Geduld im Keller - jeder Schritt beeinflusst den Charakter und die Qualität des Endprodukts. Dieser Artikel nimmt Sie mit auf eine detaillierte Reise durch die einzelnen Phasen der Weinherstellung und beleuchtet die entscheidenden Faktoren, die einen guten Wein ausmachen.
Egal, ob Sie darüber nachdenken, selbst Wein im kleinen Rahmen herzustellen, oder einfach nur ein tieferes Verständnis für Ihr Lieblingsgetränk entwickeln möchten: Die Grundlagen sind universell. Wir werden uns sowohl den traditionellen Methoden als auch modernen Techniken widmen, die dazu beitragen, die Vielfalt und Qualität des Weins zu gewährleisten, den wir heute genießen.
Schritt 1: Die Traubenlese und Vorbereitung - Wo Qualität beginnt
Der optimale Zeitpunkt für die Ernte
Der erste und vielleicht wichtigste Schritt in der Antwort auf "wie macht man wein" ist die Ernte der Trauben. Der ideale Zeitpunkt ist entscheidend und hängt von vielen Faktoren ab: dem Zuckergehalt (Oechsle-Grad), der Säure und der aromatischen Reife der Beeren. Ein Winzer muss ständig die Reifung überwachen und den perfekten Moment abpassen, an dem die Balance zwischen Süße und Säure optimal ist. Zu früh geerntete Trauben liefern grüne, unharmonische Weine, während überreife Trauben oft zu schwer und marmeladig schmecken.
Die Lese kann entweder manuell oder maschinell erfolgen. Während die maschinelle Lese effizient ist, erlaubt die Handlese eine sorgfältigere Selektion der Trauben, wodurch unreife oder faule Beeren direkt aussortiert werden können. Dies ist besonders bei hochwertigen Weinen und in Steillagen unerlässlich, um die höchste Qualität des Lesegutes zu sichern.
Entstielen und Maischen
Nach der Lese werden die Trauben in der Regel entstielt, um Bitterstoffe aus den Stielen zu vermeiden. Anschließend erfolgt das Maischen, also das sanfte Zerdrücken der Beeren. Bei Rotwein bleiben die Schalen, Kerne und das Fruchtfleisch zusammen - dies nennt man Maische. Sie ist entscheidend für die Farbe, die Tannine und viele Aromastoffe des Rotweins. Bei Weißwein hingegen wird die Maische meist direkt gepresst, um möglichst wenig Farbstoffe und Tannine aus den Schalen zu extrahieren. Der dabei gewonnene Saft wird als Most bezeichnet. Ein besonders schonendes Pressen, wie etwa die Ganztraubenpressung, wird oft bei Schaumweinen angewendet, um eine maximale Eleganz zu erzielen.
Schritt 2: Die Gärung - Die Magie der Umwandlung
Die alkoholische Gärung: Vom Most zum Wein
Die Gärung ist das Herzstück der Frage "wie macht man wein". Bei diesem biochemischen Prozess wandelt Hefe den Zucker im Traubenmost in Alkohol und Kohlendioxid um. Dies ist der Moment, in dem der süße Most seine Transformation zum Wein beginnt. Der Prozess kann entweder mit den natürlichen Hefen, die auf den Traubenschalen vorhanden sind (Spontangärung), oder mit speziell gezüchteten Reinzuchthefen eingeleitet werden. Reinzuchthefen bieten eine kontrolliertere Gärung und können bestimmte Aromaprofile fördern, während Spontangärungen oft komplexere, aber auch unvorhersehbarere Ergebnisse liefern können.
Temperaturkontrolle und Mazeration
Die Kontrolle der Gärungstemperatur ist von entscheidender Bedeutung. Bei Weißweinen werden niedrigere Temperaturen (etwa 15-20°C) bevorzugt, um die frischen Fruchtaromen zu bewahren. Rotweine gären bei höheren Temperaturen (25-30°C), da dies die Extraktion von Farbe und Tanninen aus den Schalen während der Maischegärung fördert. Während dieser Zeit wird die Maische regelmäßig umgerührt (Remontage) oder der "Tresterhut" (die aufschwimmenden festen Bestandteile) untergetaucht (Pigeage), um den Kontakt zwischen Saft und Schalen zu maximieren. Dieser Prozess der Mazeration kann je nach gewünschtem Weinstil Tage bis Wochen dauern und prägt den Charakter des Rotweins maßgeblich.
Schritt 3: Der Weinausbau - Reifung, Klärung und Verfeinerung
Abstich und erste Schwefelung
Nach Abschluss der alkoholischen Gärung wird der junge Wein vom Hefesatz und anderen festen Bestandteilen, die sich am Boden des Gärbehälters abgesetzt haben, getrennt. Dieser Vorgang wird als Abstich bezeichnet. Anschließend erfolgt oft eine erste Schwefelung (Zugabe von Schwefeldioxid), um den Wein vor Oxidation und mikrobiellem Verderb zu schützen. Schwefelung ist eine gängige Praxis, die in moderaten Mengen angewendet wird und seit Jahrhunderten zur Stabilisierung des Weins dient.
Malolaktische Gärung und Reifung
Viele Rotweine und einige Weißweine durchlaufen eine zweite Gärung, die malolaktische Gärung (BSA). Dabei wandeln Milchsäurebakterien die scharfe Apfelsäure in die mildere Milchsäure um, was dem Wein eine weichere Textur und komplexere Aromen verleiht (z.B. Butternoten bei Chardonnay). Danach folgt die Reifephase. Wein kann in Edelstahltanks, großen Holzfässern oder kleinen Barriquefässern ausgebaut werden. Edelstahltanks bewahren die Fruchtfrische, während der Ausbau in Holzfässern dem Wein Tannine, Röstaromen (Vanille, Toast) und eine größere Komplexität verleiht. Die Dauer des Ausbaus variiert stark je nach Weintyp und Qualitätsziel.
Schönung und Filtration
Bevor der Wein abgefüllt wird, kann er geschönt und filtriert werden, um ihn klar und stabil zu machen. Bei der Schönung werden natürliche Substanzen (z.B. Bentonit für Eiweißstabilisierung, Eiweiß für die Reduzierung von Tanninen) verwendet, die Trubstoffe binden und diese zu Boden sinken lassen. Die Filtration entfernt feinste Schwebeteilchen und Bakterien, um eine lange Haltbarkeit zu gewährleisten. Manchmal verzichten Winzer auf diese Schritte, um einen möglichst "naturbelassenen" Wein zu erhalten, was jedoch ein höheres Risiko für Trübungen oder Sedimente birgt.
Schritt 4: Die Abfüllung und Flaschenreife - Der Abschluss des Prozesses
Vorbereitung zur Abfüllung und Verschlussarten
Die letzte Etappe, wenn man fragt "wie macht man wein", ist die Abfüllung. Vor der Abfüllung wird der Wein oft noch einmal leicht geschwefelt, um ihn für die Lagerung in der Flasche zu schützen. Die Hygiene bei diesem Schritt ist von größter Bedeutung, um eine Kontamination des Weins zu verhindern. Die Wahl des Verschlusses - Korken, Schraubverschluss oder Glasverschluss - hängt von der Art des Weins, der beabsichtigten Lagerzeit und der Philosophie des Winzers ab. Korken ermöglichen einen minimalen Luftaustausch, der für die Reifung einiger Weine vorteilhaft sein kann, bergen aber das Risiko des Korkschmeckers. Schraubverschlüsse bieten eine zuverlässige, luftdichte Versiegelung und sind besonders für Weine gedacht, die jung getrunken werden sollen.
Die Bedeutung der Flaschenreife
Nach der Abfüllung beginnt für viele Weine die Flaschenreife. Während dieser Zeit entwickeln sich die Aromen weiter, Tannine werden weicher und der Wein gewinnt an Komplexität und Harmonie. Die Dauer der Flaschenreife kann von wenigen Monaten bis zu mehreren Jahrzehnten reichen, je nach Potenzial des Weins. Ein junger Dornfelder wird beispielsweise oft schon nach wenigen Monaten genussreif sein, während ein großer Bordeaux oder ein Riesling mit hohem Reifepotenzial erst nach Jahren seine wahre Größe entfaltet. Die Lagerung sollte kühl, dunkel und bei konstanter Luftfeuchtigkeit erfolgen, um optimale Bedingungen für die Reifung zu gewährleisten.
Ein Blick über die Grundlagen hinaus: Spezialitäten und moderne Ansätze
Unterschiede zwischen Rot- und Weißweinproduktion
Obwohl die grundlegenden Schritte der Frage "wie macht man wein" ähnlich sind, gibt es erhebliche Unterschiede zwischen der Herstellung von Rot- und Weißwein, die sich hauptsächlich in der Maischestandzeit und Gärungstemperatur manifestieren. Rotwein gewinnt seine Farbe und Struktur durch den Kontakt mit den Beerenschalen während der Maischegärung, während Weißwein meist ohne Schalenkontakt vergoren wird, um Frische und Leichtigkeit zu bewahren. Roséweine stellen oft einen Kompromiss dar, bei dem die Maische nur kurz (wenige Stunden) auf den Schalen verbleibt, um eine zarte Rosafärbung zu erzielen.
Biologischer und nachhaltiger Weinbau
Immer mehr Winzer legen Wert auf biologischen oder biodynamischen Weinbau. Hierbei wird auf synthetische Pflanzenschutzmittel und Dünger verzichtet. Der Fokus liegt auf der Gesundheit des Bodens und der Reben sowie der Artenvielfalt im Weinberg. Ziel ist es, authentische Weine zu produzieren, die das Terroir widerspiegeln und dabei die Umwelt schonen. Auch die Herstellung von "Naturweinen", die oft ohne Filtration und mit minimaler Schwefelung auskommen, gewinnt an Beliebtheit und stellt eine Rückbesinnung auf ursprüngliche Methoden dar.
Die Weinherstellung ist ein dynamisches Feld, das ständig Innovationen hervorbringt, während es gleichzeitig seine tiefen Wurzeln in der Tradition bewahrt. Das Verständnis der grundlegenden Schritte, wie macht man wein, ist der Schlüssel, um die Vielfalt und Komplexität dieses wunderbaren Getränks vollends zu schätzen.